Wann darf ein Wohnungsmieter die Miete mindern wegen Zigarettenrauch des Nachbarn? Diese leider äußerst praxisrelevante Frage hatte das Amtsgericht Remscheid in seinem Urteil vom 2.05.2024 zu entscheiden.
Rauchen gehört grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung. Das gilt auch, wenn der Mitmieter (Wohnungsnachbar) auf seinem Balkon raucht. So kann der Mieter grundsätzlich nicht von seinem Vermieter verlangen, den rauchenden Mitmieter zu einer Einschränkung seines Rauchverhaltens zu veranlassen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der gestörte Mieter (hier die Beklagten) entweder gar nicht verhindern kann, dass Rauch oder sonstige Gerüche aus der anderen Wohnung in ihre eigene Wohnung dringt oder wenn es ihm nahezu unmöglich ist, diesen Rauch oder diese Gerüche durch Lüften wieder aus der Wohnung herauszubekommen. Ersteres ist insbesondere der Fall, wenn diese Gerüche oder der Rauch durch Zwangsöffnungen in die Mietwohnung gelangen, so in dem vom Amtsgericht Berlin-Mitte am 13.10.2022 entschiedenen Fall (Az. 122 C 156/21). Der andere Fall war vom Landgericht Hamburg mit Urteil vom 15.06.2012 (Az. 311 S 92/10) zu entscheiden. Im dortigen Fall verfing sich der Rauch in der Dachgaube des betroffenen Mieters und drang bei geöffnetem Fenster in die Wohnung, ohne dass dieser Mieter die Möglichkeit hatte, durch sonstiges Lüften diesen Rauch wieder loszuwerden.
Der Fall
Die beklagten Mieter hatten die Miete über einen längeren Zeitraum um 10 % gemindert. Grund war der Zigarettenrauch, der vom Balkon einer „über Eck liegenden“ Nachbarwohnung in ihre Wohnung eindrang. Die Mieter hatten in einem Rauchtagebuch den Umfang dokumentiert. Der Vermieter klagte die auf Grund der Mietminderung nicht gezahlten Mietbeträge ein.
Die Wohnung der Mieter hatte 5 Zimmer mit insgesamt 13 Fenstern auf einer Grundfläche von 127 m². Der Rauch drang nur über ein Fenster des kleineren Bades sowie 2 Fenster des Esszimmers ein. Eine Querlüftung der Wohnung war ohne Inanspruchnahme dieser Fenster über die anderen zehn Fenster möglich.
Die Entscheidung
Das Amtsgericht Remscheid hat die Minderung für unzulässig erklärt.
Die beiden zuvor genannten Fälle aus Hamburg und Berlin unterscheiden sich maßgeblich von dem hier entschiedenen Fall. Insbesondere drang der Rauch der Mitmieter nicht durch eine Zwangslüftung in die Wohnung ein. Es war ihnen nicht unmöglich, dieses Eindringen zu verhindern. Der Rauch drang im Wesentlichen über das Fenster des kleinen Bades sowie die beiden bodentiefen Fenster des Esszimmers in die Wohnung ein. Darüber hinaus verfügte die Wohnung jedoch noch über zahlreiche andere Zimmer mit insgesamt weiteren 10 Fenstern. Es kann also keine Rede davon sein, dass die beklagten Mieter das Eindringen des Rauches nicht hätten verhindern können oder aber eingefangenen Rauch nicht wieder in einer zumutbaren Art und Weise loswerden könnten. Gegen das Eindringen könnten sie die insgesamt drei betroffenen Fenster schließen und zum Loswerden von eingefangenem Rauch mit den übrigen Fenstern sogar „quer“ lüften.
Praxis-Tipp
Im Einzelfall darf ein Mieter die Miete mindern wegen Zigarettenrauch des Nachbarn. Die Hürden liegen aber hoch.
Die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung muss mehr als nur unerheblich gemindert sein, damit eindringender Zigarettenrauch zu einer Minderung führt. Dies kann zumindest dann gegeben sein, wenn der betroffene Mieter (gar) nicht lüften kann, ohne dass Rauch eindringt oder wenn er einmal eingefangenen Rauch durch Lüften nicht wieder loswerden kann.
Zudem muss die Beeinträchtigung durch Rauchen einen minderungsrelevanten Umfang erreichen. Gelegentlich eindringender Zigarettenrauch berechtigt nicht zu einer Minderung. Dauerrauchen größerer Menschengruppen unter dem Fenster sehr wohl.
Zum Nachweis der Gebrauchsbeeinträchtigung sollte der Mieter ein Rauchtagebuch vorlegen.
AG Remscheid, Urteil vom 2. Mai 2024 – 7 C 5/24 –