Der Mieter hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Vorlage einer Baugenehmigung. Im Einzelfall kann ein solcher Anspruch jedoch bestehen. Einen solchen Fall hat das OLG Brandenburg in seinem Beschluss vom 12. Juni 2023 – 3 W 23/23 – inhaltlich entschieden. In der Hauptsache musste das Gericht zwar kein Urteil fällen, aber aus dem Beschluss über die Kostentragung kann entnommen werden, wie das Gericht in der Hauptsache entschieden hätte.
Ein Arzt hatte Flächen zum Betrieb einer Arztpraxis angemietet. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages lag noch keine Baugenehmigung für die Nutzung als Arztpraxis vor. Daher wurde im Mietvertrag geregelt, dass der Vermieter die notwendige Baugenehmigung einzuholen habe. Ohne eine solche Baugenehmigung wäre die Nutzung als Arztpraxis unzulässig gewesen. Eine tatsächliche Nutzungseinschränkung bestand nicht.
Ein Anspruch auf Vorlage der Baugenehmigung ergab sich zwar nicht direkt aus dem Mietvertrag. Der Mieter hatte einen solchen Anspruch jedoch aus Treu und Glauben (§ 242 BGB).
§ 242 BGB dient oft als Grundlage für Auskunftsansprüche- und Rechenschaftsansprüche. Hier bestand auf Grund des Mietvertrages und der darin enthaltenen Regelungen eine besondere rechtliche Beziehung zwischen dem Auskunft Fordernden und dem Inanspruchgenommenen. Der Auskunft fordernde Mieter konnte keine Kenntnis haben, ob die notwendige Baugenehmigung erteilt worden ist. Der in Anspruch genommene Vermieter war aber ohne besondere Anstrengungen in der Lage ist, die verlangte Auskunft zu erteilen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist jede Partei nach Treu und Glauben verpflichtet, die andere über ihr bekannte Umstände aufzuklären, die für das Zustandekommen des Vertrages, seine ordnungsgemäße Durchführung oder überhaupt für die Erreichung des Vertragszwecks von entscheidender Bedeutung sind (BGH NJW 2010, 3362).
Das „Ob“ und das „Wie“ der Auskunftserteilung unterliegen einer umfassenden Zumutbarkeits- und Interessenabwägung. Hier hat das Gericht einen Anspruch auf Vorlage und Einsicht (zu Recht) bejaht.
Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 12. Juni 2023 – 3 W 23/23 –