Unklare Formulierungen in Mustermietverträgen sind häufig anzutreffen. Da zumeist der Vermieter diese Musterverträge stellt, gehen diese unklaren Formulierungen in der Regel zu seinen Lasten. Fast schon ein Klassiker ist der Streit, ob für Betriebskosten eine Vorauszahlung oder eine Pauschale vereinbart worden ist.
Der Fall
Im Jahr 2012 schloss die Vermieterin mit der Mieterin einen Wohnraummietvertrag. Dieser enthielt in § 4 folgenden Passus:

Die in Ziffer 2 aufgeführten einzelnen Kostenarten enthalten in 2.13 ausdrücklich auch die Heizkosten.
Die bei Unterzeichnung des Vertrags mitwirkende Maklerin, hat bekundet, die Verträge immer in der Art und Weise auszufüllen wie hier geschehen. Die Abrechnung der Heizkosten und sonstigen Nebenkosten sei für sie eine völlige Selbstverständlichkeit. Für sie sei überdies die Formulierung im Vertrag eindeutig und üblich. Die Maklerin hat des Weiteren bekundet, jede Vertragsklausel in einem längeren Gespräch von insgesamt ungefähr einer Stunde Dauer erläutert zu haben.
Während des laufenden Mietverhältnisses hat die Vermieterin weder über die Betriebskosten abgerechnet, noch die Vorauszahlung bzw. Pauschale angepasst.
Das Mietverhältnis endete zum 30. Juni 2022. Die Mieterin verlangte die Auszahlung der Kaution in Höhe von 1.920 €. Die Vermieterin rechnete nun gegen die Kautionsrückforderung auf mit Nachzahlungsansprüchen aus der Abrechnung der Betriebskosten für die Jahre 2021 und die ersten sechs Monate des Jahres 2022.
Die Entscheidung
Der Mieterin hat einen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution zu.
Ein gemäß §§ 387 bis 389 BGB aufrechenbarer Gegenanspruch auf Nachzahlung von Neben- und Betriebskosten besteht nicht. Es fehlt an einem Anspruch Betriebskostennachzahlung, weil die Regelung im Mietvertrag so auszulegen ist, dass nur die Heizkosten abzurechnen sind, während die sonstigen Betriebs- und Nebenkosten pauschal abgegolten sind.
Bei der Regelung in § 4 des Mietvertrags zur Mietzahlung und den Heizkosten sowie sonstigen Neben- und Betriebskosten handelt es sich um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 305 Abs. 1 S.1 BGB. Dass das verwendete Formular teilweise handschriftlich ausgefüllt ist, ändert daran nichts, denn nach § 305 Abs. 1 S.2 BGB kommt es gerade auf Schriftart und Form des Vertrags nicht an.
Aus der Aussage der Maklerin ergibt sich, dass eine individuelle Verhandlung zur Regelung der Betriebs- und Nebenkosten nicht stattgefunden hat, sondern die Regelung diesbezüglich als Allgemeine Geschäftsbedingung von der Vermieterin gestellt ist.
Gemäß § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Diese Regelung bewirkt nicht nur, dass eine unklar formulierte Geschäftsbedingung im Zweifel unwirksam ist, sondern auch, dass bei in jedem Fall gegebener Wirksamkeit – wie hier – die dem Kunden günstigste Auslegung zum Tragen kommt. Was die günstige Auslegung ist, ergibt sich dabei aus der individuellen Situation des Kunden im jeweiligen Individualprozess. Im Fall einer geforderten Nachzahlung von Neben- und Betriebskosten ist dies eine Auslegung dahingehend, dass eine Pauschale vereinbart ist.
Diese Auslegung ist mit dem Wortlaut vereinbar. Eine solche Auslegungsmöglichkeit ergibt sich insbesondere daraus, dass das im Fettdruck vorgegebene Feld für die Vorauszahlung der Nebenkosten gemäß § 4 Ziffer 2 des Vertrags unausgefüllt geblieben ist. Bei einer Vereinbarung aller Neben- und Betriebskosten einschließlich der Heizkosten als nicht weiter zwischen den einzelnen Kostenarten differenzierende Vorauszahlung sieht die Vertragssystematik es vor, den Wert an dieser Stelle handschriftlich einzufügen. Die in Ziffer 2 aufgeführten einzelnen Kostenarten enthalten in 2.13 ausdrücklich auch die Heizkosten. Dass dies so nicht vorgenommen worden ist, sondern die Nebenkosten und die Heizkosten separat aufgeführt werden, nur hinsichtlich der Heizkosten das Wort „Vorauszahlung“ verwendet wird und nur hier ein Geldbetrag eingetragen ist, legt eine Auslegung dahingehend nahe, dass die Heizkosten und die übrigen Neben- und Betriebskosten unterschiedlich behandelt werden sollen.
Hieran ändert auch das Wort „incl.“ nach den Nebenkosten nichts, denn die Formulierung bleibt sprachlich unklar. Die Formulierung liest sich zusammenhängend „zzgl. Nebenkosten incl. zzgl. Heizungsvorauszahlung“. Der Satz ist sprachlich unrichtig, weil er bezüglich der Nebenkosten widersprüchlich ist, da diese einerseits zuzüglich sein sollen, andererseits inclusive. Der Satz kann auch nicht eindeutig dahingehend verstanden werden, dass es sich um eine Vorauszahlung auf die Nebenkosten inklusive der Heizkosten handelt, weil dann das zweite „zzgl.“ hätte weggelassen werden müssen und überdies hinter dem Wort „Nebenkosten“ ein Bindestrich hätte folgen müssen, damit der Wortteil „vorauszahlung“ sich zusätzlich auch auf die Nebenkosten bezieht.
Die erheblichen sprachlichen Mängel der Formulierung müssen zulasten der Vermieterin als Verwenderin gehen. Soweit auf dem vermieterseitigen Exemplar des Mietvertrags die Formulierung abweicht, hat dies auf die Auslegung der Klausel keine Auswirkungen, weil diese Einrückung unstreitig auf dem mieterseitigen Vertragsexemplar nicht vorhanden ist. Auslegungen haben aber nach §§ 133, 157 BGB am Empfängerhorizont zu erfolgen, eine der Klägerin nicht bekannte Art der Gestaltung der Vertragsurkunde der Gegenseite bleibt unberücksichtigt.
Es verhält sich auch nicht so, dass die Parteien die Formulierung übereinstimmend dahingehend verstanden haben, dass eine Vorauszahlung auf die gesamten Nebenkosten einschließlich der Heizkosten zu leisten ist. Aus den Angaben der Maklerin ergibt sich nicht, dass die Klägerin mündlich darauf hingewiesen worden ist.
Aus einer pauschalen Einlassung zur Erläuterung des Mietvertrages über eine Stunde folgt nicht, dass gerade die Unklarheit der schriftlichen Formulierung der Vorauszahlungen mündlich ausgeräumt worden ist. Die Maklerin hat insoweit bekundet, für sie sei die Formulierung im Vertrag eindeutig und üblich. Es bestand daher schon kein Problembewusstsein, dass es insoweit weiterer Erläuterungen bedurft hätte. Auch die bei dem Vertragsabschluss selbst anwesende Beklagte hat im Rahmen der persönlichen Anhörung bekundet, die Abrechnung der Nebenkosten sei für sie selbstverständlich gewesen und daher nicht ausdrücklich erwähnt worden. Eine insgesamte Abrechnung der Nebenkosten nach Verbrauch ergibt sich ferner nicht daraus, dass dies derart marktüblich wäre, dass eine andere Auslegung der Klausel auch aus Sicht der Klägerin fernliegend gewesen wäre. § 556 Abs. 2 S.1 BGB sieht eine Betriebskostenpauschale ausdrücklich als gleichberechtigte Alternative zur Vorauszahlung vor. Nur für die Heizkosten ordnet § 6 Abs. 1 S.1 HeizkostenV zwingend eine verbrauchsabhängige Abrechnung an. Diese unterschiedliche Gesetzeslage lässt eine Pauschale der Betriebskosten mit Ausnahme der Heizkosten als denkbare und nicht fernliegende Vertragsgestaltung erscheinen.
Da somit im Ergebnis keine Gegenansprüche der Vermieterin bestanden, hatte die Mieterin einen Anspruch auf vollständige Rückzahlung der Kaution.
Praxis-Tipp
Eine genaue Vereinbarung vermeidet unnötige Streitereien und die Abrechnung der Betriebs- und Heizkosten. Wichtig ist bereits die sorgfältige Auswahl eines Mustermietvertrages.
Ein gutes Mietvertragsmuster weist jeweils ein Feld für die Betriebskostenvorauszahlung und die Heizkostenvorauszahlung auf. In die entsprechenden Felder sind sodann einfach nur die Vorauszahlungsbeträge einzusetzen.
Es ist empfehlenswert, dass alle zulässigen Betriebskostenpositionen des § 2 Nr. 1 bis 16 BetrKV als umlegbar ausgewiesen werden. Kosten, die in diesem Katalog nicht enthalten sind, sind als sonstige Betriebskosten i.S.d. § 2 Nr. 17 BetrKV detailliert aufzuführen.
Eine Passage, wonach nur solche Betriebskosten abgerechnet werden, die tatsächlich anfallen, sichert den Mieter gegen eine nicht statthafte Belastung ab.
Wichtig ist aber auch, regelmäßig über die Betriebs- und Heizkosten abzurechnen.
AG Düsseldorf, Urteil vom 6. Mai 2024 – 37 C 285/23 –