Der BGH hat mit Urteil vom 23. November 2022 – XII ZR 96/21 – bestätigt, dass die Schließung eines Ladenlokals auf Grund hoheitlicher Anordnung weder einen Mangel der Mietsache begründet, noch zwingend zu einem Kündigungsrecht des Mieters führt.
In dem Fall hatte der Vermieter rückständige Miete eingeklagt für Monate, in denen das Geschäft der Mieter auf Grund hoheitlicher Anordnung geschlossen worden war. Die Mieter nutzten ein Ladenlokal zum Betrieb einer Boutique und eines Friseursalons. Aufgrund einer Verordnung der hessischen Landesregierung zur Bekämpfung des Corona – Virus war der Betrieb des Friseursalons untersagt. Die Mieter zahlten die Miete für Mai bis Juli 2020 nicht, woraufhin sie der Vermieter einklagte.
Die Klage war erfolgreich. Der BGH bestätigt seine bisherige Linie, dass die Schließung eines Ladengeschäftes kraft hoheitlicher Anordnung keinen Mangel der Mietsache darstellt, soweit sie nicht mit der Lage oder Beschaffenheit des Mietobjekts in Verbindung steht.
Auch ist die Überlassung der Mietsache nicht unmöglich geworden. Denn dem Vermieter war es nicht unmöglich, die Mietsache zum vereinbarten Zweck zur Verfügung zu stellen.
Jedoch kann in solchen Fällen eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht kommen.
Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Dabei ist zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung oder -einschränkung und deren Dauer entstanden sind. Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die fragliche Zeit der Schließung oder Nutzungseinschränkung bestehen. Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.
Allerdings müssen die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf den hoheitlichen Maßnahmen beruhen, die den jeweiligen Betrieb konkret erfassen. Dies sind etwa die Anordnungen von Betriebsschließungen oder in Bezug zur Geschäftsfläche gesetzte Begrenzungen der Personenzahl. In Betracht kommt auch die Beschränkung des Zugangs auf Personen mit einem bestimmten Impfstatus („2G“ oder „2G+“) ohne die jedermann eröffnete Möglichkeit, die Zugangsberechtigung auch durch einen Test zu erlangen. Denn damit werden potenzielle Kunden vollständig oder jedenfalls zum Teil vom Besuch des Ladengeschäfts ausgeschlossen, ohne dies kurzfristig selbst beeinflussen zu können.
Nicht zu berücksichtigen sind Umstände, die eine anderweitige Ursache haben und damit keine unmittelbare Folge der hoheitlichen Maßnahme sind. Insoweit geht es nämlich um dem Verwendungsrisiko des Mieters zuzuordnende Umstände der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung.